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So treffen Sie die richtige Entscheidung bei der APS-Auswahl

Kriterien für die APS-Auswahl_APS selection criteria

Worauf es bei der Entscheidungsfindung wirklich ankommt

In jeder Fabrik gibt es einen Punkt, an dem alles zusammenläuft: den Produktionsplan. Er ist kein Nebenprodukt der IT – sondern der Taktgeber der gesamten Organisation. Die gesamte innerbetriebliche Organisation und alle Tätigkeiten folgen dem Takt der Planung – just in time. Und dieser Takt entscheidet maßgeblich über die Produktionsdurchlaufzeit, die Höhe der Bestände, die Lieferperformance – und letztlich auch über Cashflow und Herstellungskosten.

Und doch: In vielen Unternehmen ist dieser Takt ungenau, unklar oder beliebig. Die Folge sind lange Stagnationszeiten, lange Durchlaufzeiten, hohe Bestände, nicht synchronisierte Abläufe und eine sinkende Ressourceneffizienz.

Wer sein Produktionsplanungssystem mit Bedacht auswählt, trifft eine strategische Entscheidung – eine, die über Wettbewerbsfähigkeit, Liefertreue, Ressourcenauslastung und Gesamteffizienz mitentscheidet. Ein gutes APS verändert alles. Aber: Zwischen „irgendeinem (ERP-/MES-)Planungsmodul“ und einer leistungsstarken APS-Lösung liegen Welten.

Worauf kommt es bei dieser Wahl wirklich an? Jenseits von Feature-Listen und Produktversprechen stellt sich die zentrale Frage: Welche Funktionen sind für eine realistische und machbare Produktionsplanung unverzichtbar? Hier sind die Kriterien, die wirklich zählen.

Die zentralen Kriterien für die APS-Auswahl

1. Prozessabbildung und Konfigurierbarkeit

  • Das Produktionsplanungssystem muss alle Produktionsprozesse und -restriktionen zu 100 % abbilden und eine realistisch machbare Planung für jede einzelne Ressource erstellen. Mit einem System, das umfassende Standardparameter enthält, erübrigt sich dabei das Programmieren.
  • Auch die Planungslogik muss sich ohne Programmieraufwand flexibel und vollständig an Ihre Anforderungen anpassen lassen, um bestmögliche Planungsergebnisse zu liefern.

2. Feinplanung und Simulation

  • Das APS-System muss für jede einzelne Ressource machbare Arbeitsaufträge mit hoher Prozesssynchronisation unter Berücksichtigung finiter Kapazitäten erstellen.
  • Es muss permanent einen optimalen Produktionsplan simulieren – kurzfristig, mittelfristig und langfristig – und diesen hinsichtlich Liefertermine, Kosten, Durchlaufzeit und Beständen bewerten.
  • Für neue Aufträge kann so unmittelbar ein realistischer Liefertermin ermittelt werden.

3. Material- und Bestandseinbindung

  • Rohmaterialverfügbarkeit, Materialfluktuationen, Verbrauch, Eingangstermine sowie Lagerbestände (inkl. Halbfabrikate und Fertigware) müssen automatisch in die Planung mit einfließen.

4. Engpassvermeidung und Reaktionsfähigkeit

  • Mögliche Engpässe müssen im Voraus erkannt werden, sodass frühzeitig gegengesteuert werden kann.
  • Bei Änderungen in der Priorität oder bei Eilaufträgen muss das System sofort reagieren und die Auswirkungen auf die gesamte Planung anzeigen.

5. Optimierung von Reihenfolge und Timing

  • Das Planungssystem kann die Produktionsreihenfolge und das -timing in Bezug auf Umrüstzeiten, Losgrößen, Materialbeschaffung (intern/extern) und vorbeugende Instandhaltung

6. Visualisierung und Monitoring

  • Der aktuelle Status laufender und zukünftiger Produktionsaufträge muss kontinuierlich visualisiert werden (Status vs. Planung) und kann so kontinuierlich überwacht werden.
  • Visualisierte Informationen:
    • Synchronisation zwischen Bearbeitung, Montage, Prüfung etc.
    • Materialbewegungen und -fluktuationen
    • Ressourcenauslastung und -verfügbarkeit
    • Auftragsstatutus

7. Störungsmanagement

  • Bei Abweichungen oder Störungen in der Produktion muss ein APS-System sofort alternative Planungsszenarien berechnen, um Lieferverzögerungen zu vermeiden

8. Vorhersage-KPI

  • Das System muss Feinplanung über Monate und Jahre im Voraus ermöglichen und Zukunftskennzahlen (Vorhersage-KPI LINK) liefern für:
    • Ressourcenkapazitätsauslastung und -verfügbarkeit
    • Lieferfähigkeit
    • Herstellungskosten
    • Durchlauf-, Wertschöpfungs-, Rüst- und Stillstandszeiten
    • Ressourcenproduktivität
    • Lagerbestände und vieles mehr

9. Berechnungsgeschwindigkeit

  • In einem dynamischen Produktionsumfeld müssen Planer jederzeit auf veränderte Bedingungen reagieren können. Eine leistungsstarke APS-Lösung ermöglicht es, komplexe Planungs- und Simulationsszenarien in Sekunden bis wenigen Minuten zu berechnen – nicht in Stunden. Nur so lassen sich verschiedene Optionen effizient vergleichen und fundierte Entscheidungen treffen.

10. IT-Integration

  • Das APS braucht eine flexible Schnittstelle zu ERP- und BDE-Systemen sowie MES.

11. Transparenz und Nachvollziehbarkeit

  • Die Funktionsweise von Parametern und Planungslogik muss für den Nutzer transparent und nachvollziehbar sein, um realistische Planungsergebnisse zu erzielen.
  • Ein transparentes White-Box-System unterstützt Planer bei der Auswahl des besten Szenarios und hilft Managern, die Fabrikergebnisse gezielt zu verbessern.

Nur der Praxistest zählt

Die einzige verlässliche Methode zur Auswahl eines leistungsstarken APS ist letztlich die Verifikation anhand eines Prototyps – mit Ihren echten Daten und Prozessen:

  • Abbildung Ihres realen Produkts
  • Abbildung Ihrer echten Prozesse und Restriktionen

Jede andere Art der Entscheidungsfindung ist eine Entscheidung „aus dem Bauch heraus”.

Was ein APS leisten muss, um das alles zu ermöglichen

Die genannten Funktionen und Vorteile lassen sich nur realisieren, wenn das APS über die nötige Tiefe in der Abbildung realer Prozesse verfügt. Denn: Planung ist nur so gut wie das Abbild, das sie von der Realität macht.

Die erste zentrale Anforderung an eine leistungsfähige APS-Lösung ist daher die vollständige Abbildbarkeit sämtlicher produkt-, prozess- und ressourcenbezogener Eigenschaften, Regeln und Restriktionen – ohne Programmierung, ohne Abstriche. Nur so entstehen realistische, belastbare Planungsergebnisse. Welche Anforderungen und sich daraus im Detail ergeben, zeigen die folgenden Beispiele:

1. Ressourcen

  • Können alle aktuellen Prozesse, Methoden, Abläufe und Restriktionen realistisch und detailliert abgebildet werden?
  • Werden die Kapazitäten sämtlicher Ressourcen simultan in der Planung berücksichtigt?
  • Werden alle Hauptressourcen (z. B. Maschinen) und Subressourcen (z. B. Mitarbeiter) mit begrenzter Kapazität berechnet?
  • Werden Verfügbarkeiten von Haupt- und Subressourcen synchron berücksichtigt (z. B. Maschine + Bediener)?
  • Was ist die maximale Anzahl abbildbarer Ressourcen? Wie viele Subressourcen-Stufen sind abbildbar?
  • Können Arbeitskalender individuell pro Ressource und Subressource eingestellt werden?
  • Sind individuelle Schichtpläne für jede einzelne Ressource und Subressource definierbar?
  • Können Überstunden oder Kurzarbeit pro Ressource und Mitarbeiter individuell eingestellt werden?
  • Kann Wochenendarbeit ressourcenspezifisch festgelegt werden?
  • Ist die zeitliche Begrenzung der Nutzungsperiode von Ressourcen konfigurierbar (z. B. Abschaltung zum Stichtag)?
  • Ist eine Qualifikationsmatrix abbildbar (welcher Mitarbeitende kann welchen Prozess ausführen)?
  • Lassen sich Arbeitsgeschwindigkeiten individuell pro Mitarbeitendem bzw. Maschine definieren?

2. Routen

  • Kann ein Produkt mehreren alternativen Routen zugewiesen werden?
  • Können alternative Routen unterschiedliche Prozess- und Umrüstzeiten haben?
  • Ist die Definition einer bevorzugten Maschine möglich, wenn mehrere Maschinen für einen Prozess infrage kommen?
  • Besteht die Möglichkeit der Zuweisung sich verzweigender Prozesse, um das optimal exakte Timing für Knotenpunkte zu berechnen?
  • Besteht die Möglichkeit der Zuweisung zusammenlaufender Prozesse, um das optimal exakte Timing für Knotenpunkte zu berechnen?
  • Ist die Darstellung von Parallelarbeit möglich?
  • Ist Losgrößensplitting möglich (z. B. Übergabe je 4 Stück eines 20er-Loses an den nächsten Prozess)?
  • Kann die Vorgangsaufteilung automatisch erfolgen?
  • Können Start- und Endzeiten paralleler Prozesse individuell definiert werden?
  • Können neue Routen und neue Stücklisten direkt im System konfiguriert werden?

3. Prozesszeiten

  • Können produkt- und prozessbedingte Pufferzeiten individuell nach Produkt und/oder Prozess abgebildet werden?
  • Können minimale Stagnationszeiten oder Transportzeiten bei Zwischenprozessen festgelegt werden?

4. Umrüstung

  • Können Umrüstzeiten pro Maschine und Produkt individuell definiert werden (z. B. Produkt A = 15 Min, Produkt B = 25 Min)?
  • Lassen sich interne und externe Umrüstprozesse wie Vorrüsten, Nachrüsten oder Reinigung separat abbilden?
  • Kann ein Rüstteam als eigene Ressource berücksichtigt werden?
  • Ist es möglich, bestimmte Bereiche so zu konfigurieren, dass dort niemals zwei Maschinen gleichzeitig umgerüstet werden?
  • Wird geprüft, ob das Rüstteam zum Umrüstzeitpunkt kapazitiv verfügbar ist?

5. Instandhaltung

  • Können geplante Instandhaltungen als fixe Ereignisse mit Startzeit und Dauer in die Planung einbezogen werden – ohne die Fertigstellungstermine zu gefährden?
  • Lassen sich Instandhaltungen automatisch berechnen, z. B. auf Basis von Nutzungsdauer (z. B. nach 200 Betriebsstunden) oder Kalendereinträgen (z. B. jeden letzten Arbeitstag im Monat um 19:00 Uhr)?

6. Planungsregeln

  • Kann das APS unterschiedliche Service-Levels berücksichtigen?
  • Erfolgt die Planung mit finiten Kapazitäten – also unter realistischen Einschränkungen?
  • Können Aufträge sowohl rückwärts (z. B. Just-in-Time vom Liefertermin aus) als auch vorwärts (z. B. Eilaufträge ab Planungszeitpunkt) geplant werden – jeweils individuell pro Auftrag?
  • Lassen sich Prioritäten zwischen Aufträgen individuell festlegen?
  • Ist eine Engpassberechnung möglich?
  • Unterstützt das System ein aktives Engpassmanagement – inklusive Priorisierung der Reduzierung der gesamten Durchlaufzeit, z. B. durch Optimierung des Startzeitpunkts vorgelagerter Prozesse je nach Verfügbarkeit des Engpasses?
  • Können Planungsparameter frei kombiniert werden?
  • Können Planungsparameter priorisiert werden – z. B. 1. Servicegrad, 2. Liefertermin, 3. Minimierung der Rüstzeit, 4. Kunde etc.?
  • Können Nutzer eigene Planungsparameter erstellen?