Zur Definition von Projektzielen bei Kunden fragen wir als erstes nach Management-Zielen und KPI. Meistens lautet die Antwort, dass OEE eine der drei Top KPI sei und die Vorgabe häufig vom CFO käme. Das Argument: Maschinenstundensätze sind aufgrund hoher Anschaffungskosten sehr hoch, weshalb die Maschinen immer laufen sollten.
Diese Überlegung scheint auf den ersten Blick plausibel, offenbart sich jedoch bei genauerer Betrachtung als Trugschluss. Zum einen sind Maschinenkosten (Abschreibungen) in der Bilanz Fixkosten, unabhängig davon, ob eine Maschine läuft oder nicht. Nach erfolgter Anschaffung hat das Management keinen Einfluss auf diese Fixkosten. Zum anderen kann das Management kurz- und mittelfristig nur den Bereich der variablen Kosten beeinflussen. Und schließlich machen heutzutage die Materialkosten den größten Anteil (50 – 80 %) an den Herstellungskosten aus.
Das günstigste Produktionssystem ist daher die just-in-time Fertigung nach dem Prinzip:
- produziere nur, was benötigt wird,
- nur wenn benötigt,
- nur die Menge, die benötigt wird
Diese Philosophie und Methodik ist nicht nur für Serienfertiger, sondern auch für auftragsbezogene Fertigung in allen Industriebranchen relevant – für die Automobil- oder Lebensmittelindustrie ebenso wie für den Maschinen-/Anlagenbau, den Schiffsbau oder die Luftraumtechnik. Ein OEE-fokussiertes Management verursacht Push-Produktion, längere Stagnationszeit zwischen Prozessen sowie überhöhte Bestände – insbesondere an Halbfabrikaten. Die Konsequenzen sind:
- Hoher Platzbedarf und geringe Effizienz der Platznutzung, also ein niedriger Output pro Quadratmeter.
- Höhere Material- und Ressourcenkosten einschließlich zusätzlicher Personalkosten, wenn mehr produziert wird als benötigt.
- Mangelhafte Transparenz in der Fabrik
- Hoher Aufwand für Prozesssteuerung
- Das Paradoxon: je höher die Bestände, desto mehr Fehlteile
- Mangelnder Cash-Flow
All diese Faktoren beeinflussen die Herstellungskosten negativ.
Für Kunden ist wichtig, dass Produkte in guter Qualität und zu angemessenen Preisen angeboten und pünktlich geliefert werden. Für die Gewährleistung pünktlicher Lieferung wiederum ist eine sehr realistische kurz- und langfristige Produktionsplanung essenziell, die berücksichtigt bzw. gewährleistet:
- Finit-Kapazitätsplanung für alle Haupt- und Subressourcen, also die effektive Planung aller Ressourcen – Maschinen, Umrüstteam, Maschinenbediener, Vorrichtungen, etc. – auf Basis endlicher Kapazitäten.
- Durchgängige End-to-End Planung der gesamten Wertschöpfungskette, denn Mikrobereichsplanung, die nicht mit der durchgängigen Planung verknüpft ist, hat für die Optimierung so gut wie keine Bedeutung.
- Optimale Reihenfolgeplanung für einzelne Prozesse, um alle parallellaufenden und zusammenführenden Prozesse zu synchronisieren und so Stagnation zu vermeiden.
- Vermeidung von Stagnation vor Engpassprozessen, da der jeweilige Engpassprozess der Taktgeber für den gesamten Fertigungsbereich ist.
- Optimale Reihenfolge der Produktionsaufträge, um Umrüstzeiten zu minimieren (z.B.: von hoher zu niedrigerer Temperatur; von heller zu dunkler Farbe; von dickerem zu dünnerem Material oder umgekehrt). Denn der finale Output der Fabrik wird durch die Produktivität des Engpassprozesses entschieden.
Eine einseitige Fokussierung auf die OEE ist nicht die optimale Strategie, um die Effizienz zu steigern und die Kosten zu senken. Vielmehr ist eine optimale und durchgängige Produktionsplanung für die gesamte Wertschöpfungskette entscheidend für eine nachhaltige Effizienzsteigerung.